Wohin geht die Reise? Im Gespräch mit Georg Baldauf
Baldauf hat große Pläne! Im Frühsomme 2019 ging es los mit einem firmeneigenen Bauprojekt in Goßholz. Zwei Standorte werden auf dem Gelände der Zentrale zu einer neuen, nachhaltigen und richtungsweisenden Sennerei im Allgäu. Ein guter Grund Firmenchef und Ideengeber Georg Baldauf interessierte Fragen zu stellen.
Es wird gebaut bei Baldauf. Was hat Dich zu dieser Entscheidung bewogen?
GB Generell
ist dieser Bau für mich ein Meilenstein der Familiengeschichte, weil es
die erste eigene Baldauf Sennerei wird. Seit 1862 sind alle unsere
Produktionsstandorte gepachtet. Ursprünglich war es mein Ziel dieses
System der traditionellen Dorfgenossenschaft möglichst lange aufrecht zu
erhalten. Als Folge der steigenden Nachfrage sind aber jetzt schon die
Kapazitäten an zwei unserer Standorte komplett ausgereizt und wir können
uns im
Endeffekt nicht mehr bewegen. So kam der Zeitpunkt über die
Notwendigkeit eines neuen Standortes nachzudenken. Seitdem ich vor 7
Jahren in die Firma eingetreten bin, haben wir die Produktion in den
Sennereien kontinuierlich erhöht und stark an unserem Schnittkäseprozess
gearbeitet - also zusammengefasst haben wir alles getan, um das Produkt
noch zu verbessern. Es wurde beispielsweise in ein Formsystem und neue
Wärmeräume zur Temperaturbehandlung des gepressten Käses investiert, was
viel Platz innerhalb der Sennereien verbraucht hat. So ist man trotz
allem letztendlich zu dem Schluss gekommen, dass sich unsere
langfristigen Pläne in den alten Standorten nicht umsetzen lassen.
Eigentlich sollte sich die Firma langsamer entwickeln. Doch nach
intensiver Arbeit an den Bestandsstandorten und genauer Analyse der
Gegebenheiten wurde die Notwendigkeit einer für unsere Produktlinie
idealen, eigenen Käserei immer klarer.
Ändert sich für die Mitarbeiter des jeweiligen Standorts etwas an der Arbeitssituation und wird das Team mitgenommen?
GB Ich
habe nicht vor Mitarbeitern zu kündigen, denn meine Leute sind mir lieb
und teuer. Mit den Käsern bzw. Käsermeistern bei uns in den Sennereien
können wir ein sehr hohes Fachniveau aufweisen und das wollen wir
natürlich in Goßholz aufrechterhalten. Die Reifung ist beispielsweise
ein Bereich, den ich verstärken will. Momentan wird dieser Bereich durch
angelerntes Personal bedient, in Zukunft kann ich die Käser zusätzlich
öfter ins Lager schicken und dort deren Fachkompetenz nutzen. Mir
schwebt eine Art Rotation vor – vom Kessel in die Reifung und wieder
zurück. So schaffen wir die Voraussetzung, um unsere Produkte
kontinuierlich zu verbessern.
Was sagt denn das Baldauf-Team? Wie stehen Deine Leute zum Neubau?
GB
Das Personal freut sich auf den neuen Standort, weil wir durch die
Zusammenführung der zwei Sennereien die Möglichkeit haben auch bei uns
eine 5-Tage-Woche einzuführen. Bei Baldauf wird prinzipiell jeden Tag
gekäst, sogar an Weihnachten. Wir wollen möglichst frisch verarbeiten,
bei uns kommt die Milch nicht mal übers Wochenende in
Aufbewahrungstanks. Was bis dato für meine Mitarbeiter eine 6-Tage-Woche
bedeutet hat, also für die Käser nur vier freie Tage im Monat. Außerdem
werden wir im Neubau gezielt die Arbeitsbedingungen bezüglich
Ergonomie, Klimatisierung und Schallschutz verbessern.
Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind mittlerweile
unerlässlich. Wie seid ihr damit bei Planung und Umsetzung des
Bauvorhabens umgegangen?
GB Wir denken langfristig
und wollen unseren Beitrag für diesen Planeten leisten, das ist unsere
grundsätzliche Überzeugung. Für mich ist nachhaltige Produktion Teil
meiner Arbeitsphilosophie. So hat die neue Sennerei erstmals die
Möglichkeit durch Einsatz moderner Technik Energieflüsse zu recyceln.
Konkret arbeiten wir beispielsweise mit einer sogenannten Wärmeschaukel,
die ca. 50 Prozent Energie im Vergleich zu einer traditionellen Käserei
einspart. Unsere neue Sennerei wird auch ganz ohne Dampf auskommen.
Dampf ist eine zwar praktische, aber sehr teure Art der Energie. Wir
arbeiten mit Warmwasser, was wiederum den Einsatz eines
Blockheizkraftwerkes möglich macht und eine deutlich bessere
Energienutzung ermöglicht. Durch die Verwendung von Biogas beim Betrieb
des Blockheizkraftwerks haben wir die Chance eine
Null-Emissions-Käserei zu bauen und sind deshalb im Vergleich zu den
alten Sennereien deutlich umweltbewusster.
Wann geht es los? Gibt es denn schon einen genaueren Termin für den Baustart?
GB
Wir werden zeitnah im Frühjahr 2019 anfangen, je nachdem wie das Wetter
mitspielt. Zuerst müssen, wegen der Hanglage, relativ große
Erdbewegungen vorgenommen werden.
Goßholz hat den Zuschlag als neuer Standort bekommen. Was war denn die Intention direkt auf dem Firmengelände zu bauen?
GB Goßholz
als Standort ist sehr praktisch, um die Logistikwege klein zu halten.
Momentan transportieren wir den Käse von den Sennereien zur Zentrale. Da
ist täglich ein Lastwagen unterwegs. Den können wir dann einsparen und
somit die Straße entlasten plus Kosten sparen.
Ein weiterer Aspekt ist die Zusammenführung aller Funktionen an einem
Standort. Die vielen Außenstellen verkomplizieren Verwaltungsabläufe.
Mir ist es wichtig das Team mehr zusammenzubringen. Wie bei den Käsern
beispielsweise, die stärker in der Reifung eingesetzt werden und so mit
ihrem Endprodukt in Kontakt kommen.
Der Neubau ist also Fortführung einer jahrhundertealten Tradition -
nicht nur bei der Firma Baldauf sondern auch bezogen auf die Gegend?
GB
Goßholz liegt mir wegen seiner Historie besonders am Herzen. Als eine
Art Keimzelle der kommerziellen, bayrischen Milchwirtschaft im 19.
Jahrhundert hatte es eine entscheidende Bedeutung. Hervorgegangen aus
ansässigen Kaufleuten, die sich über die Schweiz mit Know-How
versorgten. So haben sie dabei geholfen den Käse im Allgäu zu etablieren
und maßgeblich zur Allgäuer Grünlandwirtschaft beigetragen. Ich sehe
mich in der Folge von Leuten, die hier aktiv unsere Landwirtschaft
beeinflusst haben und ich möchte meinen Beitrag leisten, dass das auch
zukünftig auf eine vernünftige Art und Weise geschehen kann.
Und dann ist die neue Sennerei fertig. Wo führt ihre Reise hin? Wie wird die Zukunft werden?
GB
Ich bin fest entschlossen hier ein Käsereimodell zu präsentieren, das
auch in 100 Jahren noch genau so funktionieren kann. Gute Qualität und
nachhaltige Produktion führen nicht allein zum Erfolg. Eine Vision muss
ins Außen getragen werden. Nach dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“
ist diese Käserei eine Art Statement an die Welt, dass es auch so
funktionieren kann.