Achtung, hier wird geforscht!
Bis unser Käse auf IhremTeller landet, durchläuft er nicht nur einen Produktionsprozess, sondern wird auch von Profis unter die sprichwörtliche Lupe genommen. Auf dem Gelände unserer Goßholzer Zentrale, untergebracht in einem neuen, modernen Gebäude, befinden sich die heiligen Hallen, wo sich alles um Keime, Bakterien und Kulturen dreht. Blitzblank und hell sind die Räume, in denen das Innenleben unseres Käses genau analysiert wird. Weiß ist die vorherrschende Farbe zwischen High-Tech-Gerätschaften und Petrischalen.
Das Labor ist mit Manuela Post und Sarah Lorenz in extrem kompetenten Händen. Beide sind Milchwirtschaftliche Labormeisterinnen und zusammen mit der Auszubildenden Giada Chessa überwachen sie nicht nur die Qualität der Milch, sondern sind auch maßgeblich an der Kulturen-Entwicklung beteiligt. Bei unserem Besuch haben wir uns die “Käseforschung“ näher erklären lassen.
Was passiert denn genau im Baldauf-Labor?
SL
Wir unterstützen hier im Labor hauptsächlich die Qualitätssicherung.
Wir bekommen Rohmilch von den Bauern und schauen, dass alle Werte in
Ordnung und keine Schadkeime in der Milch sind, die dann später bei der
Produktion stören könnten. Außerdem unterstützen wir die Sennereien bei
Hygienefragen und kontrollieren z.B. die frisch gereinigten Käseformen,
um Fehler im Käse zu vermeiden.
Woran erkennt man einen “Fehler“ im Käse?
SL
An Unregelmäßigkeiten der Oberfläche, am Geschmack oder an ungewollten
Löchern. Wenn man beispielsweise die falschen Gasbildner in der Milch
hat, vermehren sich diese Keime, bilden Gas und es entstehen untypische,
große Löcher. Diese Keime bilden gleichzeitig unerwünschte Aroma- und
Geschmacksstoffe, die dazu führen, dass der Käse bitter oder scharf
schmeckt.
Wie wird eine Käsereikultur entwickelt?
SL In der Sennerei wird eine geringe Menge unserer eigenen Käsereikultur
der Molke zugegeben und im Fermenter vermehrt. Wir messen und stellen
dann den pH-Wert ein - je saurer, umso niedriger ist der pH-Wert. Die
Keime mögen es leicht sauer, sonst können sie nicht so gut wachsen.
Jeder Keim hat einen anderen pH-Wert und eine andere Temperatur, bei der
er am besten wächst. Da muss man genau auf die ganzen Einzelheiten
achten. Die Kultur ist dadurch jedes Mal ein bisschen anders. Man muss
sich vorstellen, dass es zwar immer der gleiche Prozess ist, der sich
aber doch jedes Mal etwas ändert. Die Inhaltsstoffe von Milch und Molke
verändern sich ja auch übers Jahr.
Schmeckt dann letztendlich kein Käse genau gleich?
SL Wenn
man unser Alpkäsle als Beispiel nimmt, dann schmeckt das nie zu hundert
Prozent identisch - sehr ähnlich, aber eben nicht vollkommen gleich.
Käse ist ein Naturprodukt und etwas Lebendiges. Jeder Käse hat dadurch
seinen eigenen Geschmack. Das unterscheidet uns von
Standard-Industriekäse, da schmeckt alles so ziemlich identisch. Wir
haben durch unsere Molke Ursprungsflora mit drin. Das ist es, was Georg
(Baldauf) mit uns
erreichen will: dass wir unsere eigene Rohmilchflora mit in den Käse bringen, um einen einzigartigen Geschmack zu erreichen.
Stimmt es, dass in vielen anderen Käsereien ausschließlich mit vorgefertigten Mischungen gearbeitet wird?
SL
Es ist der einfachste Weg, die zugekauften, eingefrorenen
Käsereikulturen direkt in die Milch zu geben. Wir bei Baldauf wollen
unseren Kunden einen einzigartigen Geschmack bieten und mit dem
einfachsten Weg lässt sich dieses Ziel nicht erreichen. Deshalb forschen
wir an eigenen Kulturen. In unserer Molke können sie sich vermehren und
sind aktiv und lebendig – nicht ganz einfach, aber dafür entsteht ein
unvergleichbarer Geschmack im Käse.
Wie lange dauert es, bis
Ihr ein fertiges Produkt entwickelt habt - bis die Kulturen fertig sind
und der Käse in Produktion gehen kann?
SL
Schwer zu sagen. Bei jedem neu entwickelten Rezept muss man warten, bis
der Käse fertig gereift ist. Bei Schnittkäse sind das mindestens acht
Wochen und beim Hartkäse bis zu einem Jahr. Das dauert. Seit 2016 haben
wir für die Entwicklung neuer Produkte eine Versuchskäserei in
Grünenbach, wo man in einem kleinen Kessel vier Versuchslaibe herstellen
kann. Dort machen wir Vorversuche, bei denen viel ausprobiert wird. Wir
testen unterschiedliche Ansätze und wenn wir mit dem Ergebnis zufrieden
sind, dann kann das „neue Rezept“ in den großen Kessel. Beim Schnittkäse
sind 4000 bis 5000 Liter Milch in einem Kessel, das werden circa 80
Laibe. Da muss man schon sicher sein, dass alles funktioniert, bevor man
in der großen Produktion startet.
Sind in der Rinde andere Bakterien als im Käseinneren?
MP
Ja, im Käseinneren fühlen sich Keime wohl, die ohne Sauerstoff wachsen
können. Auf der Oberfläche sind Keime, die mit Sauerstoff wachsen. Die
Rinde selbst entsteht im Laufe von mehreren Wochen. Man hat vor allem
Hefen und Brevibacterium Linens drauf. Die Hefen heben den pH-Wert so
weit an, bis der Linens wachsen kann. Gemeinsam bilden sie die
Rotschmiere - das ist ein Zusammenspiel.
Was steht ganz am Anfang einer “Käsekette“ - der Keim?
MP Zuerst kommt die Milch, die sollte möglichst wenig unerwünschte unerwünschte
Keime haben, aber ein bisschen Flora mitbringen für den Geschmack. Wir
geben unsere Käsereikulturen und Lab zu, dann fangen die Keime an sich
zu vermehren. Das Lab und die gebildete Säure lassen die Milch gerinnen
und dick werden. Wenn alles stimmt, wird daraus ein cremiger Käse mit
besonderem Geschmack.
Bezogen auf Entwicklung und Forschung – wo geht die Reise bei Baldauf hin?
MP Unser
Ziel ist es, komplett mit eigenen Kulturkeimen zu arbeiten - aus
unserer Rohmilch, von unseren Bauern. Dabei ist es wichtig, die
Kulturkeime prozesssicher herzustellen, das heißt, wir müssen den Keim
über viele Jahre immer weiter züchten können. Also ein Keim, der immer
wieder wächst und jedes Mal gleiche Eigenschaften hat. Wenn unser Keim
immer einen guten Geschmack und eine stabile Konsistenz im Käse bewirkt
ist er prozesssicher. Wir sind gerade dabei in der Versuchskäserei einen
neuen Keim zu testen, da heißt es wieder bis zum Ende der Reifung
warten - eine spannende Zeit. Wenn alles passt, gehen wir hoffentlich
bald in die große Fertigung.
Du warst die Erste hier im Labor?
MP 2015
habe ich angefangen, da gab es das alles hier noch gar nicht. In den
Räumen war damals eine Wohnung, bis Georg (Baldauf) entschieden hat,
unser Labor aufzubauen, um die Qualitätssicherung im Haus zu haben und
das Know-how zu bündeln.